Auf der Herrentoilette im „Schwarzen Adler“, dem Sterne-Restaurant der Familie Keller im Kaiserstuhl, hängt ein Foto. Es zeigt Franz Keller, den Winzerkönig und Vater des designierten DFB-Präsidenten, wie er 1984 am Freiburger Güterbahnhof neben Feinschmecker-Koch Paul Bocuse steht und beide grinsend gegen einen alten Reichsbahn-Wagon pinkeln. Das Bild soll zeigen: Gediegene Sterneküche und volkstümliche Hemdsärmligkeit schließen sich hier im schönen Baden nicht aus. Nur weil ein Wein mit großer Sensibilität erzeugt wird, heißt es nicht, dass nicht in rauen Mengen verkostet und schließlich auch verklappt werden darf. Die große Leistung von Fritz Keller, dem Sohn des strullenden Winzerfürsten, als Geschäftsmann war es in den vergangenen Jahren denn auch, die Erzeugnisse seines Premium-Weinguts dem Normalbürger zugänglich zu machen, indem er die edlen Keller-Tropfen auch über Discounter vertreibt.
Diese Geschichte sagt schon viel aus über den Mann, der in Zukunft die Geschicke des größten Sportfachverbands leiten soll – und dabei die internen Fronten schließen und das schwer beschädigte Image des DFB polieren soll. Obwohl Fritz Keller mit einem goldenen Löffel im Mund auf die Welt kam, ist er mit der Fähigkeit ausgestattet, milieuübergreifend zu kommunizieren. Mit der tänzelnden Leichtigkeit des geborenen Gastgebers vermittelt er selbst großen Gesellschaften das Gefühl von Behaglichkeit und Verständnis. Zumal ihm auf den ersten Blick diese für nordische Gemüter urbadische Sanftheit anhaftet. Kurz: Keller kann Leute zusammen an einen Tisch bringen.
Ein gutes Paket an Social Skills
Und lässt man außer Acht, dass nach der Fehlbesetzung des Präsidentenpostens mit dem hölzernen Machtpolitiker und Kleinkrämer Reinhard Grindel sowieso kein noch weniger geeigneter Nachfolgekandidat vorstellbar gewesen wäre, muss man anerkennen, dass Keller ein gutes Paket an Social Skills mitbringt, die ihn zum jetzigen Zeitpunkt zum DFB-Präsident qualifizieren:
Er ist ein Kandidat von außen, einer, der mit den alten Seilschaften im Verband hat er wenig zu tun.
Keller hat es in den Gesprächen mit den Landesverbänden mit seiner konzilianten Art offenbar geschafft, die Entscheider allesamt auf seine Seite zu ziehen.
Als Wirt weiß er, wie man auch in schwierigen Momenten gute Stimmung erzeugt. Und Menschen zusammenbringt.
Dass er der Patensohn von Fritz Walter ist, dürfte zusätzlich Traditionalisten für ihn einnehmen.
Und: Keller ist von Hause aus über die Maßen wohlhabend. Sein Unternehmen hat weit über die badischen Grenzen hinaus einen guten Ruf. Er wäre mit dem Klammerbeutel gepudert, würde er diese Reputation – und damit die Bürde seines Familienerbes – etwa durch die Annahme von Uhrengeschenken oder anderen Hinterzimmergeschäften, in die hohe Fußballfunktionären freilich stets ohne Eigenverschulden hineingeraten – aufs Spiel setzen würde.
Als Präsident des SC Freiburg engagiert er sich für den Frauenfußball und wird nicht nur bei der eigenen C‑Jugend auf der Tribüne vorstellig, sondern schaut auch öfter mal das Match eines unambitionierten Amateur-Klubs aus der Region an. Keller bezieht klar Stellung gegen rechte und rassistische Auswüchse unter Fans. Und wer ihn auf der VIP-Tribüne erlebt, der weiß, dass sein sportlicher Ehrgeiz im Extremfall durchaus mit ihm durchgeht und er, wenn ihn das Gefühl beschleicht, sein Verein oder er persönlich würde ungerecht behandelt, durchaus mal die Contenance verliert.
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